Kleriker

Als kleiner Junge erblickte ich seinerzeit in Minias das Licht Avalons. So riesig erschien mir damals diese doch so kleine Stadt und mit großen Augen erkundete ich die Straßen und Häuser, noch nicht einmal ahnend, was mich außerhalb der Stadtmauern erwarten würde.

Viele nette Leute lernte ich in den ersten Tagen kennen und so manche Hilfe wurde mir zuteil. So erinnere ich mich noch, als wäre es gestern, wie Faith und Kaiv mir viele hilfreiche Tips zur Kommunikation mit anderen Bewohnern Avalons, aber auch Händlern und sonstigen Mitarbeitern der Umgebung gaben. Faith war sogar so geduldig, mir während eines Rätsels, das es in Minias zu lösen galt, geduldig mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Und Kaiv schenkte mir sogar etwas Ausrüstung, um mich meiner ersten Gegner erwehren zu können, sowie etwas Geld, um meine ersten Übernachtungen in einer Herberge bezahlen zu können.

Bald war es an der Zeit, die Umgebung außerhalb der Stadt zu erkunden und ich wanderte an der Küste entlang gen Norden. Aber nur wenige Schritte weit kam ich, als mich ein Riesenkrebs anfiel. Mutig durch meine bisherigen Erfolge stellte ich mich dem Kampf, aber schnell musste ich feststellen, dass dieser Gegner doch noch eine Nummer zu groß für mich war. Nach einem heftigen Treffer des Riesenkrebses floh ich, zugegebenermaßen etwas kopflos, aus dem Kampf... genau in den Weg eines weiteren Riesenkrebses! Dieser hatte leichtes Spiel mit mir, war ich doch eh schon stark geschwächt und verwundet durch den vorherigen Kampf. Nur wenige Schläge und ich war bewusstlos. So schien es mir zumindest... Erst langsam wurde mir klar, dass ich nicht träumte, sondern dass meine Seele den Körper verließ und sich auf den Weg in eine höhere Welt machte!

Völlig panisch versuchte ich, meine Seele zurück in den Körper zu bewegen, aber in meinem derzeitigen Zustand war keine Aktion möglich. Bis dann ein Bewohner Avalon namens Kalon mich plötzlich aus der Ferne mit "Halt! Deine Sachen!" anrief. Noch völlig verwirrt bemerkte ich kaum, dass ich wie durch ein Wunder wieder unter den Lebenden weilte und mich offensichtlich durch meine panischen Aktionen doch noch vom Ort meines vermeintlichen Ablebens entfernt hatte. Nur wenige Schritte zurück und ich betrat den Platz des Schreckens. Kalon stand dort, neben der Leiche eines Riesenkrebses und meiner gesamten Ausrüstung, die ich, wie mir jetzt erst auffiel, dort durch meinen Tod verloren hatte. Ja, Tod! Ich war wirklich und wahrhaftig gestorben!

Es brauchte eine ganze Weile (und viele beruhigende Worte Kalons), bis mir so wirklich klar wurde, was eigentlich passiert war. Die göttliche Kraft des Kleriker-Ordens war meine Rettung gewesen!

In den nächsten Tagen durchstreifte ich immer mehr Gebiete von Nereid und immer wieder traf ich auf Anzeichen des Kleriker-Ordens. Von einigen Toden wurde berichtet und immer wurde gleich der Ruf nach einem Kleriker laut, der helfen möge. Oft wurden Gruppen zum Kampf gegen Ungetier gebildet und der Ruf nach einem Kleriker zur Unterstützung laut. Manche Vergfitungen sah ich, gerade in der Wüste um Ashar, und nicht nur Druiden mit stärkenden Tränken, sondern auch wieder die Kleriker mit ihren heilenden Händen waren hilfreich zur Stelle. Immer und immer wieder sah oder hörte ich über das Wirken der Kleriker.

In Unterhaltungen mit anderen Bewohnern Avalons wurde ich auch immer wieder gefragt, welcher Gilde ich mich anschließen wolle. Lange habe ich überlegt... Der Wunsch, wie viele andere auch, als Kleriker anderen helfen zu können, war schon lange geweckt. Aber würde ich mich dieser göttlichen Kraft würdig erweisen?

In der Zwischenzeit trat ich der Gilde der Barden bei, aber zugegebenermaßen eher halbherzig. Mit dem Lied "Aurora's Lag" ließen sich zwar die Wachen Ashars kurzzeitig betäuben, um leichter Einlaß in die Stadt zu bekommen, aber sehr viel mehr Verwendung sah ich seinerzeit kaum dafür. Die eingefleischten Barden mögen es mir verzeihen, aber meine Berufung sah ich in dieser Gilde nicht.

Wieder sprach ich mit Faith und Kaiv und beide bestärkten mich in dem Wunsch, Kleriker zu werden. Also trat ich bei den Barden aus und Faith führte mich zur Heimstatt der Kleriker, welche tief im Gebirge im Norden Nereids versteckt liegt. Schon so oft war ich an dessen Pforten vorbeigelaufen, konnte es nur auf Grund meiner damals noch zu kleinen Landkarte nicht hinter den Zinnen der Bergkette erspähen.

Der Hinweis von Kaiv, mich zuerst innerhalb des Klosters genau umzusehen, war gut und richtig. In der Bibliothek fand ich genug Lesestoff, um mich zunächst eingehen über die Geschichte der Kleriker zu informieren.

Alsdann suchte ich eine Priesterin auf, die mich, als Vertreter der Menschen-Rasse, in den Orden der Kleriker aufzunehmen bereit war. Nur einige Fragen galt es noch zu beantworten, was mir aber nach dem Studium der Bücher nicht schwer fiel. Stolz und ehrfurchtsvoll nahm ich die Ordenskette mit dem schweren Ankh entgegen, die mich fortan für jeden als Ordensmitglied ausweisen würde. Im Refektorium fand ich noch eine Robe für mich und schon war ich gewappnet für meine Berufung als Kleiker. Dachte ich...

Nur wenig war mir erlaubt als Neuling in den Reihen der Kleriker. "Ora et labora" klang es aus einer fernen Welt immer wieder an meine Ohren. "Bete und arbeite"... Stunden, nein: ganze Tage verbrachte ich in den Mauern des Klosters, um mich mit den Gebeten des Ordens vertraut zu machen. Aber bald schon hatte ich es zu einer gewissen Fertigkeit in den einfacheren Hilfs- und Schutz-Zaubern gebracht und stieg in der Hierarchie der Kleriker weiter auf.

Nicht alles ließ sich in der Abgeschiedenheit des Klosters erlernen. So musste ich einige Kämpfe gegen Untote auf mich nehmen, um einen entsprechenden Schutzzauber üben zu können. Auch musste ich mich diverse male mutwillig vergiften, um den passenden Heilzauber meistern zu können. Wie könnte ich auch erwarten (oder auch nur daran denken), andere Bewohner sich vergiften zu lassen? Nein, das musste ich schon auf mich selbst nehmen.

Aber nach langer Zeit der Entbehrung war es endlich soweit: Das hohe Amt des Priesters wurde mir zuteil! Schon viele Kämpfe hatte ich in dieser Zeit gefochten und manchem meiner Kampfgefährten mit heilenden oder schützenden Zaubern aus der Patsche geholfen. Immer sicher wurde ich im Umgang mit den stärkenden Auren für Rüstung und Waffe, immer zuverlässiger wurde die Wirkung des entgiftenden Zauberspruchs. Zusammen mit der Kampfbeschwörung, einer göttlichen Stärkung sowohl der Rüstung wie auch der Waffe, waren selbst die größeren Gegner der Unterwelt nicht mehr so tödlich gefährlich, wie sie mir früher noch erschienen.

Und auch heute noch denke ich immer wieder an die alten Zeiten zurück, als ein Riesenkrebs für mich noch lebensbedrohlich war, während ich heute eher eine leckere Krebssuppe aus den Viechern mache.

Der Gilde der Kleriker aber bin ich bis heute treu geblieben und helfe auch heute noch bedrängten Bewohnern Avalons in Not, begleite neue Mitbürger bei ihren ersten Schritten und bekämpfe das Dunkel des Bösen mit der hell leuchtenden Flamme des göttlichen Ankh.

Zaphod Beeblebrox

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